March 17, 2015 CC BY 4.0 |
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Until March 19, 2015, when our conference Historicizing Foucault begins in Zurich, we will consecutively publish the abstracts of the accepted presentations. Sebastian Huhnholz (Munich) will talk about "Foucault als typischer Ideenhistoriker seiner Generation?" in the panel "Foucault in context" on March 21, 2015.
Die Geschichte der Diskurstheorie ist längst selbst eine methodologisch reflektierte Begriffsgeschichte geworden – eine Reflexion über den Begriff des "Diskurses" und dessen Reichweite. Fokussiert man allerdings auf nur einzelne Epigonen zumal der historischen Diskursanalyse – und dazu gehörte in Frankreich der junge Foucault, parallel zu ihm der junge Reinhart Koselleck in Deutschland und in England der junge Quentin Skinner –, dann entgeht gewöhnlich, dass die "erkenntnistheoretische Verschiebung, in deren Fahrwasser die Diskurstheorie [nach dem Zweiten Weltkrieg in Westeuropa – SH] auftaucht, […] selbst Teil der Ideengeschichte" ist. [1]
Das starke und vor allem disziplin- und länderübergreifend simultane Interesse, mit der nach dem damals nicht nur Sozialhistoriker und andere Sozialwissenschaftler auf John Austins wittgensteinisch inspirierte Form des "illokutionären Sprechakts" reagierten, steht tatsächlich in einer wissenshistorisch besonderen Konstellation. Daher verkürzt die idiosynkratische Interpretation das Phänomen der Diskurstheoriegeschichte durch die Ansicht, junge Forscher hätten sich ihrerzeit lediglich gegen die naive, summarisch-rekonstruktive und archivarische Ideengeschichtsschreibung ihrer Zeit gewendet[2], gar so, als läge hier ein Problemzusammenhang vor, der auf die politische Ideengeschichtsschreibung begrenzt wäre, statt jene wissenssoziologisch zeitgleich in der westlichen Welt sich ausbreitende Einsicht in die gesellschaftliche Konstruiertheit sozialer Wirklichkeit und die daraus resultierende Suche nach potentiell ideologiekritischen Methoden, Ideengeschichte zu betreiben.
Letzteres Phänomen kann an Foucault plausibilisiert werden, betrachtet man ihn nicht als singuläres Wunderkind, sondern als Kind seiner Zeit. Dann kann eine erste, in sich freilich passive Antwort auf die Frage, was es heiße, Foucault zu "historisieren", darin bestehen, jene methodologische Innovation, die Foucaults am Beginn, namentlich also durch Wahnsinn und Gesellschaft ja dezidiert ideenhistorisch angelegte Diskurstheorie in Frankreich darstellte, ländervergleichend in ihren zeitgeschichtlichen Kontext zurückzubetten (re-embedding). Erst dann kann eine zweite, aktivere Antwort auf die Frage, was Foucault zu historisieren heiße, lauten, dass eine Historisierung auch seines Ansatzes allein schon zwecks bedachterer Aktualisierung geboten ist.
Doch umso mehr wäre zunächst einmal überhaupt dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die methodisch verwandten (ideen-)historischen Diskursverständnisse von Foucault, Koselleck und Skinner sich in einer gemeinsam geteilten Zeit weithin parallel zueinander entwickelten und folglich ist wenigstens anzunehmen, dass diese methodische Konvergenz weniger Zufall ist als simultane und generationenspezifische Reaktion auf wissenshistorische Herausforderungen im gesellschaftspolitisch zunehmend liberalisierten Westeuropa der mittleren und späteren, Kalter Krieg genannten Nachkriegszeit. So kann dann gerade eingedenk der üblicherweise eher kultisch verehrenden Perspektive auf Foucault gefragt werden, ob und inwiefern er – gemessen an seinen genannten, nicht minder kreativen Kollegen – ein zwar nicht typischer Vertreter seiner Generation ist, jedoch auch kein Einzelkämpfer.
[1] Robert Feustel: Intervention als Methode. Zum Verhältnis von Diskursanalyse und politischer Ideengeschichte, in: Andreas Busen, Alexander Weiß (Hrsg.): Ansätze und Methoden zur Erforschung des politischen Denkens, Baden-Baden: Nomos 2013, S. 149-162, Zitat 150.
[2] Johannes Thumfart: Ideengeschichte – Archäologie – Topik. Von der Methodendebatte Skinners und Foucaults zurück zu den Ideen, in: Andreas Busen, Alexander Weiß (Hrsg.): Ansätze und Methoden zur Erforschung des politischen Denkens, Baden-Baden: Nomos 2013, S. 127-148, Zitat 127.